Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort...
Was Eichendorff in diesem Spruch beschreibt trifft ganz gut auf das Motto der diesjährigen Elba-Woche zu. Hier trafen sich im Frühsommer 2016 eine Gruppe von Ärzten und Studenten, mit dem von Rudolf Steiner inspirierten Ziel in dem Naturerleben dieser vielseitigen Insel ein wirkliches, innerlich verarbeitetes Ärztewissen aufzunehmen, und sich in dem Augenblicke der erholsamen Versenkung in die Natur und die vielseitigen
Entspannungsmöglichkeiten neu zu beleben.
Als Grundlage der Woche diente der 4. Vortrag Rudolf Steiners über die meditativen Betrachtungen zur Vertiefung der Heilkunst.
Mit dessen Hintergrundwissen erhofften wir uns, wie Steiner darin einleitet, eine tiefere, intimere Erkenntnis der Zusammenhänge dessen, was draußen ist und was im Menschen ist. So wollten wir uns während der Woche auf Elba mit den botanischen und geologischen Phänomenen der Insel und mit der Pflege und Ernte von Heilkräutern beschäftigen. Ein
weiteres Ziel war es uns in der rhythmischen Herstellung von Pflanzenpräparaten zu üben.
Doch sollte dabei auch die Freizeit nicht zu kurz kommen. Die Strände von Elba lockten und es war viel Raum vorgesehen um körperlich entspannt und gekräftigt, angeregt, belebt und
bereichert zu werden und sich auch inhaltlich untereinander austauschen zu können. Man traf sich zu siebzehnt auf der Suggheraccia in Lacona, einem Anwesen der Stiftung Widar, die das Bestreben hat die Begegnung von Medizin, Pädagogik und Landwirtschaft in einer Kultur des Dialogs zu unterstützen. Es ist ein großes geschichtsträchtiges Gelände welches viel Raum und fruchtbaren Boden für Treffen dieser Art und die Anzucht von
Heilpflanzen bereithält.
Eine einleitende Wanderung führte uns durch die Granitwelt Elbas, vorbei an einer kristallklaren Quelle, der blühenden Pflanzenwelt und uralten etruskischen Stein-Säulen, und
mündete in die Ernte von Tausendgüldenkraut und einem ersten Bad an einem der wunderschönen Sandstrände. Jeder folgende Tag begann darauf für einige hartgesottene Teilnehmer kurz vor Sonnenaufgang mit der Rhythmisierung von Heilmittelansätzen. Dabei war es ein unvergessliches Erlebnis die Phänomene des anbrechenden Tages an diesem so naturverbundenen Ort ganz intensiv wahrzunehmen und dabei sich selber und die Heilmittel ganz den Naturrhythmen hinzugeben.
Nach dem Frühstück warteten die Heilmittelbeete und Olivenbäume auf eine sorgsame Pflege und es gab viel Gelegenheit ganz in die Naturprozesse einzutauchen und dabei die Pflanzen
ganz neu wahrzunehmen. Im Anschluss an die körperliche Arbeit beschäftigten wir uns mit dem Vortrag von Steiner über die meditativen Betrachtungen zur Vertiefung der Heilkunst und einer ganz neuen
Wahrnehmung von Pflanzenprozessen. Dabei versetzten wir uns beim Lesen in das Bild des von Steiner beschriebenen „anspruchslosen Arztes“, den man im Gegensatz zu den
theoretisch verschulten Koryphäen, auf Wiesen, Fluren, und Äckern vorfand, wie er seinen
Umgang mit Pflanzen, Blumen, Insekten und so weiter pflegte.
In der Rahmengebung der Woche begegneten uns dabei ganz ähnliche Qualitäten in den Lehrmeistern, Kliff Kunz und Christian und Maria Kern, die uns mit ihrer Weisheit über die
Heilmittel aus dem unmittelbaren Umgang mit der Natur beschenkten. Die Liebe und authentische Hingabe an die Natur und die Veredelung und Potenzierung der Heilmittel war
dabei deutlich zu spüren.
Nach einem ebenso liebevoll zubereiteten Mittagessen, welches durch unsere Küchenfeen Maddalena und Anna zubereitet wurde, standen die Nachmittage ganz der freien Gestaltung
zur Verfügung. Es wurde mal an weißsandigen, mal an schwarzsteinigen Stränden gebadet, von Klippen gesprungen und sich ganz der Freizeit, dem Capuccino, dem Gelato und der
Sonne hingegeben. Andere Teilnehmer machten weitläufige Wanderungen, ernteten Heilkräuter oder verbrachten den Nachmittag in der Hängematte.
Am Abend fand man sich zum gemeinsamen Abendessen wieder zusammen und es gab im Anschluss viele Gelegenheiten Heilkräuter zu destillieren, das Potenzieren von den eigenen
Heilmitteln zu üben und sich über die neuen Erkenntnisse auszutauschen. Sobald die ersten Sterne am Himmel erschienen war es wieder Zeit die Heilmittelansätze zu rhythmisieren und dabei ganz in die Abendstimmung einzutauchen, die zumeist im gemeinsamen Singen und Zusammensitzen endete. So ging eine unvergessliche Woche zu ende, die viele der Erwartungen übertraf.
Durch die Naturbetrachtungen und das zu übende Makroskopisieren und Phänomenologisieren lüfteten sich uns überall neue Geheimnisse über die lebendigen
Naturprozesse. Und es wurde auf allen Ebenen darum gerungen deren Potenzen in unseren Heilmittel-Ansätzen zu einem wirksamen Präperat zu veredeln. So entstand eine Vielzahl von
Ampullen und Destillaten, in denen viel Liebe und Hingabe steckt.
So bekommt die Aussage Steiners eine ganz neue Bedeutung, der in seinem Vortrag sagt:
„Es geht darum wirklich esoterische Impulse in unsere Strömung hineinzubringen. Dann wird
man einsehen, dass die Mittel mit dem esoterischen Hintergrunde gemacht werden, dass es
nicht einerlei ist, ob hier die Mittel gemacht werden mit alldem, was hinter dem Esoterischen
lebt, was hineingebracht wird, oder ob eine beliebige Fabrik sie nachmacht. (...) Es ist eben -
viel mehr, als dass etwas durch äußere Dinge, durch äußere geschäftsmäßige Kniffe besorgt
wird -notwendig, dass eine gewisse Stimmung erwächst, die wirklich dahin zielt: da steckt
etwas dahinter, was die Dinge aus dem Geistigen heraus heilkräftig macht.“
Oder wie es Rainer Maria Rielke in den Duineser Elegien in seiner ganzen liebevollen
Hingabe an die Natur ausdrückt:
„Erscheinungen und Dinge wollen von uns in einem
innigsten Verstande begriffen und verwandelt werden. Verwandelt? Ja, denn unsere Aufgabe
ist es, diese vorläufige, hinfällige Erde uns so tief, so leidend und leidenschaftlich
einzuprägen, dass ihr Wesen in uns „unsichtbar“ wieder aufersteht. (...) Erde, ist es nicht das,
was du willst: unsichtbar in uns ersteh´n? Ist es dein Traum nicht einmal unsichtbar zu sein?-
Erde? Unsichtbar? Was, wenn Verwandlung nicht ist dein drängender Auftrag? Erde, du
liebe, ich will. Oh glaub, es bedürfte nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir zu gewinnen-,
einer, ein einziger ist schon dem Blute zuviel.“
Ganz begeistert von den neuen Erlebnissen und nach vielen erfrischenden Bädern bleiben trotz der intensiven Auseinandersetzung und Arbeit an den Naturprozessen noch viele offene
Fragen und so gibt auch für weitere Elba-Wochen viel Forschungsarbeit um die Naturprozesse immer wirksamer in unseren Präperaten werden zu lasse.
(28.5.- 4.6.)
von Demian Buchner