Geschichte der Stiftung Widar

Die Geschichte der Stiftung Widar beginnt im Sommer 1999 mit der Begegnung von Hermann Janach und Divo Burelli auf der Sugheraccia.
Hermann Janach sucht seinen Hund, der einem Hasen nachgejagt und auf dem Gelände der Sugheraccia verschwunden ist. Auf der Suche bemerkte er den besonderen Charakter des Landgutes. Hermann hatte schon früher überlegt, ein Landgut zu kaufen für Schulprojekte, diese Idee aber immer wieder verworfen.
Divo Burelli war der ehemalige Bauer des Landgutes und stellte den fremden Eindringling zur Rede. Divo hatte miterleben müssen, dass sein über viele Jahre gepflegtes Landgut seit drei Jahren von den Gatti-Erben zum Verkauf ausgeschrieben war. Schon in den Jahren zuvor waren sich die Gatti-Erben uneinig, wie das Bauerngut weiter genutzt werden soll und die Kulturflächen wurden nicht mehr richtig gepflegt, die Terrassenmauern zerfielen und auf den Kulturflächen breitete sich wilde Macchia aus.
Divo und Hermann fanden sich im Gespräch und entwickelten die Vision, dass die Landwirtschaft an diesem schönen Ort Sugheraccia wiederbelebt werden muss. Divo Burelli sicherte Hermann Janach seine Unterstützung zu und dieser unterschrieb kurzentschlossen wenige Wochen später einen Vorverkaufsvertrag und gründete die Stiftung Widar.
Im Jahre 2000 wurde dann definitiv das zweistöckige Bauernhaus mit 15,5 Hektaren Land von den Gatti-Erben erworben und die Sugheraccia wurde Zentrum der Stiftung Widar.
Die Familie Gatti war ursprünglich in den Besitz des Landgutes gekommen durch Initiative des Mailänder Kardiologen Dr. Gatti, der das Gelände mit dem Ziel erworben hatte, dort eine kardiologische Rehabilitationsklinik aufzubauen. Er wollte offenbar diese Rehabilitationsklinik weit oberhalb des Bauernhauses an dem Ort errichten, an welchem heute ein kleiner Pinienwald steht mit einer kegelförmigen Stein-Markierung.
Um zu dieser Rehabilitationsklinik zu gelangen, wurde der Bau einer Seilbahn geplant. Der Kardiologe Gatti wollte offenbar diese Rehabilitationsklinik auch mittels Helikopter aus Mailand versorgen. Das Projekt habe er jedoch nicht realisieren können, da er keine Baubewilligung bekommen habe.
Der Kardiologe Gatti hatte das Landgut 1966 von Lucia Conti erworben, deren Vorfahren das Gelände nach dem zweiten Weltkrieg gekauft hatten.
Die Gattis hatten offenbar schon selber ein Ferienhaus auf Capostella und verpachteten das Bauerngut 1969-1981 an Divo und Anna Burelli.

Il Cappucino und die Sugheraccia

Am Ort des Bauernhauses habe es bereits im 18 Jahrhundert ein einfaches Holzgebäude gegeben. Das heutige Bauernhaus aus Stein sei erst im 19.Jahrhundert gebaut worden.
Im Kaufvertrag wird das Landgut mit dem Namen „il Cappuccino“ bezeichnet. Dieser Name sei der Spitzname des alten Besitzers um die Jahrhundertwende gewesen. Anna Burelli hat „il Cappuccino“ noch gekannt, er sei ein Unikum gewesen, klein, immer mit typischer Kopfbedeckung und etwas kauzig.
Der Name „Sugheraccia“ sei ursprünglich der Flurnamen des ganzen Hanges gewesen, in dessen Zentrum der alte Korkeichenwald wuchs. Der Flurname habe früher ein deutlich grösseres Gebiet bezeichnet, sei dann aber als Namen auf das Bauerngut Sugheraccia übergegangen.

Das alte Bauernhaus

Der ursprüngliche Haupteingang des Hauses war im Norden. Die Terrasse hinter dem Haus gegen Norden (wo heute das Trocknungshäuschen steht) wurde erst später (von Gatti) errichtet. Das Gelände habe bis direkt an den Hauseingang im oberen Stock gereicht und durch den Hauseingang sei man direkt in die Küche gelangt. Gegen Süden waren die Schlafzimmer, das Kinderzimmer sei das heutige „Hermann-Zimmer“ gewesen und das heutige „orange Zimmer“ (gegen Südwest) war das Eltern-Schlafzimmer. Im unteren Stockwerk war am Ort des heutigen Wohnzimmers der Weinkeller. Dort, wo heute die Küche ist, war früher eine Art Wohnzimmer und am Ort, wo heute die rote Wendeltreppe steht, war früher ein grosser Ofen. Dieser Ofen sei sehr gut gewesen und Anna konnte darin alles Mögliche backen z.B. Brot, Kuchen und Ofengerichte. Der Vorplatz vor dem Haus wurde erst nach 1966 durch Aufschüttung vergrössert und mit einer Mauer gesichert.
Die südliche Terrasse wurde erst nach 1981 an das Haus angebaut - leider mit einer ungenügenden Absicherung des Untergrundes (der später zu den statischen Problemen im südöstlichen Teil des Hauses führte und der vor ca. 5 Jahren eine Sanierung des Untergrundes durch eine Spezialfirma erforderte).
Die Wasserversorgung des Hauses sei ursprünglich aus dem Ziehbrunnen vor dem Haus erfolgt, aus dem man mit Eimern Wasser hochgeschöpft habe. Das grosse quadratische Becken neben dem Ziehbrunnen diente dem Wäschewaschen. Die Wäsche wurde dort in Seifenwasser eingeweicht und danach mit Waschbrett gewaschen.
Nachdem Dr. Gatti das Landgut erworben hatte, liess er ca. 1966 den 11 Meter tiefen „Pozzo romano“ graben. Aus diesem Brunnen wurde das Wasser mit einer Pumpe zu den Wassertanks unterhalb des Dreschplatzes hochgepumpt und versorgte mit hydraulischem Druck die Wasserleitungen des Hauses.
Einige Jahre später liess Dr. Gatti die heutige 90 Meter tiefe Bohrung ins Grundwasser durchführen zur langfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung.
Oberhalb vom Bauernhof gab es dort, wo heute die grosse Schulküche steht, einen grossen Hühnerstall. Als weitere Tiere wurden in der Stalletta auch Schafe und Ziegen gehalten.
Gegen Osten war der grosse Gemüsegarten (heute Thymian-Garten). Die Erde wurde mit Hühnermist aus dem eigenen Hühnerstall gedüngt, damit habe man schönes Gemüse ziehen können.
Hauptanbau waren Weinreben. Die unteren Terrassen (bis ca. Höhe unterer Parkplatz) waren mit Moscato-Trauben bepflanzt, die oberen Terrassen (bis
über das Pentagon hinauf) mit einer Landwein-Sorte.
Die alten Olivenbäume, die die Auffahrt zur Sugheraccia säumen, stammen offenbar aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg aus einem Landwirtschaftsprojekt von Mussolini, der den Bauern gratis junge Olivenbäume zur Verfügung stellte. Die Bäume oberhalb des Dreschplatzes seien wilde Olivenbäume, deren Früchte kein gutes Olivenöl geben.
Der alte Dreschplatz stamme aus dem 18 Jahrhundert und diente dem Dreschen des Getreides. Es wurde mit Dreschflegeln gearbeitet, es sei harte Arbeit gewesen. Man habe das geerntete Getreide mit den Dreschflegeln bearbeitet und danach mit dem Wind vom Spelz befreit. Anna erinnert sich, dass Divo davon am Abend oft über Schulterschmerzen geklagt habe. Später (als es dafür Dreschmaschinen gab) wurde der Dreschplatz genutzt um die geernteten Trauben an der Sonne nachzutrocknen und die Süsse auszureifen.

Beginn der Schulprojekte 2001

Das erste Schulprojekt starteten Hermann und Divo am 26. Mai 2001 mit dem Landwirtschaftspraktikum einer 9. Klasse der RSS Münchenstein und
dem Klassenlehrer Georg Jost. Während den vielen Jahren ohne bäuerliche Pflege waren viele Terrassenmauern eingestürzt und mussten erneuert werden. Die Terrassen selber waren von Macchia überwuchert und mussten für neue Kulturflächen freigerodet werden.
Trotz vielen Anfangsschwierigkeiten war das erste Landwirtschaftspraktikum für alle Beteiligten eine sehr positive Erfahrung. Danach kamen jedes Jahr weitere Klassen der RSS Münchenstein und später auch der RSS Basel für ihre Landwirtschafts- und Forstpraktika auf die Sugheraccia.